Dynamischer Nachtstrom mit HOURLY und HOURLY-CAP

  • Simon Schmitz
  • market, policy

Bietet aWATTar einen Nachtstromtarif an?

Wir werden oft gefragt, ob aWATTar eigentlich auch einen Nachtstromtarif anbietet.

Zunächst einmal gibt es bei MONTHLY und YEARLY, unseren Bezugstarifen für Kunden ohne Smart Meter, keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. D.h. nicht, dass es nicht bei Netzentgelten Unterschiede geben kann (siehe unten!), aber beim Energietarif gibt es keine. Bei HOURLY und HOURLY-CAP, unseren stündlich dynamischen Tarifen, für die der Stromverbrauch in stündlichen Intervallen vom Smart Meter gemessen bzw. dann von aWATTar abgerechnet wird, müssen wir etwas weiter ausholen. aWATTar's Credo ist doch: je mehr Sonnen- und Windenergie im Netz, desto günstiger. Wenn es nachts nicht besonders viel windiger als tags ist (und das ist es im Durchschnitt nicht), dann müsste doch also der Tagstrom günstiger sein als der Nachtstrom, oder? Das ist sogar richtig, aber (noch) nur an sehr sonnigen Tagen.

Die Grafik unten zeigt ein Beispiel vom 21. August 2017 (unten die Preise, oben die Wind/Solareinspeisung, links und rechts ist Nacht, in der Mitte ist Tag).

Sommertag

Wenn wir uns dagegen die Preise an einem Tag mit wenig Sonne und Wind anschauen (Beispiel unten: 29. Jänner 2018), sieht man eine deutliche Steigerung in den Morgenstunden und eine Absenkung am Abend.

Wintertag

Wir dürfen nämlich den dritten Faktor, der den Strompreis stark beeinflusst, nicht vergessen, und das ist die Nachfrage. Diese ist nach wie vor tags deutlich stärker als nachts. Und je mehr Nachfrage, desto höher der Preis. Die drei Faktoren Wind, Solar und Nachfrage überlagern sich also. Und während Sonne und Wind vom Wetter abhängen, ist die Fluktuation der Nachfrage relativ stabil von einem Tag auf den anderen.

Wenn man jetzt also die HOURLY Stundenpreise über ein Jahr einmal nach Nacht und Tag aufteilt, und dann Durchschnittswerte bildet, zeigt sich folgendes:

HOURLY Durchschnittswerte

Zwischenfazit: Ja, HOURLY ist (auch) ein Nachtstromtarif!

Hier sieht man also, dass HOURLY zu einem gewissen Grade ein Nachtstromtarif ist. Die Grafik zeigt die reinen Durchschnittswerte über die Nachtstunden (Grüne Linie) sowie die Tagstunden (Violette Linie). Im Schnitt ist ein Unterschied von 1 ct/kWh zu beobachten. Im Sommer, wenn mehr Solarstrom vorhanden ist, reduziert sich der Unterschied, im Winter ist er noch höher (fast 2 ct/kWh exkl. USt. im November 2017).

Bei einem Jahresverbrauch von 6000 kWh wäre das insgesamt eine Ersparnis von rund 61€ im Vergleich zum HOURLY Tagstrom bzw. von rund 48€ im Vergleich zum YEARLY.

Wer also Geräte hat, deren Verbrauch sich mit einfachen Mitteln (wie z.B. einer Zeitschaltuhr oder einem Zeitprogramm im Regler einer Wärmepumpe) in die Nacht verschieben lässt, oder Geräte, die (wie einige Elektroboiler) aufgrund von Signalen vom Netzbetreiber nur nachts laufen, kann mit HOURLY schon einiges sparen. Auch wenn HOURLY natürlich noch mehr Optimierungspotenzial bietet, wenn täglich aufs Neue auf die genaue Preiskurve reagiert werden kann (s. auch unsere Services).

Wie sieht es nun mit HOURLY-CAP aus?

HOURLY-CAP vergleicht ja den Verbrauch in jeder Stunde mit dem Verbrauch des Standardhaushalt-Profils. Das heißt er zeigt wie viel besser man die günstigen Stundenpreise nutzt als ein Standardhaushalt es machen würde. Dieser Unterschied wird einem dann als SYNC-Bonus vom CAP (=YEARLY Preis) abgezogen. Bei dem Vergleich in der Grafik (HOURLY-CAP = hellblaue Linie) zeigt sich, dass in manchen Monaten HOURLY der günstigere Nachtstrom ist und in manchen Monaten HOURLY-CAP günstiger ist. Bei HOURLY kommt es nämlich nur auf den erzielten Durchschnittspreis an und wenn in einem Monat die Stundenpreise generell sehr niedrig sind (z.B. wenn es ein windiger Monat ist), dann ist HOURLY günstiger. Umgekehrt ist man mit HOURLY-CAP bei generell hohen Stundenpreisen nach oben abgesichert.

Bei einem Jahresverbrauch von 6000 kWh würde man durch Nachtstrom mit HOURLY-CAP rund 51€ im Vergleich zum CAP (bzw. YEARLY) sparen. Das entspricht der jährlichen Grundgebühr!

Wo gibt es HOURLY bzw. HOURLY-CAP?

Unsere stündlich variablen Tarife gibt es überall dort, wo es Smart Meter gibt. Derzeit hauptsächlich in Oberösterreich. Dort sind von der Netz Oberösterreich GmbH und Linz Stromnetz GmbH schon sehr viele Zähler umgestellt worden, und es werden auch derzeit noch sehr viele umgestellt. Kunden im Gebiet der Netz Oberösterreich GmbH können hier nachschauen, welche Region wann an die Reihe kommt. Sie haben schon einen Zugang im Internet zu Ihren viertelstündlichen Verbrauchsdaten? Dann haben Sie sicher auch einen fernauslesbaren Smart Meter.

Wenn Sie nicht darauf warten wollen, dass Ihr lokaler Netzbetreiber Ihnen einen Smart Meter installiert, dann haben Sie seit Dezember 2017 die Möglichkeit eines "Smart Meter Opt-In". Der Smart Meter muss Ihnen dann innerhalb eines halben Jahres kostenlos installiert werden. Wie man das beantragt zeigen wir in diesem Blogartikel.

Die Geschichte ist aber noch nicht ganz zu Ende, denn es gibt ja auch noch die Netzentgelte!

Wo bieten die Netzentgelte auch Nachtstrom?

Prinzipiell gibt es zwei Arten von Nachtstrom bei den Netzentgelten:

  1. Auf der einen Seite gibt es die Zähler, die tagsüber unterbrochen werden, z.B. für Warmwasserboiler oder Nachtspeicherheizungen. Diese Zähler verfügen über eine "Tarifschaltuhr" und werden darüber nur nachts vom Netzbetreiber freigeschaltet. Hier hat man also wenig Einfluss darauf, ob nun viel nachts verbraucht wird oder nicht, sondern der Nachtverbrauch wird regelrecht erzwungen. Allein die Tatsache, dass der Zähler unterbrechbar ist, macht hier schon einen günstigeren Arbeitspreis für die Netzentgelte aus. Ob sich solche "Nachtstromzähler" lohnen thematisieren wir u.a. in diesem verwandten Blogartikel. Besonders interessant wird es, wenn man einen Nachtstromzähler hat, der auch gleichzeitig ein Smart Meter ist. Dann lassen sich nicht nur die günstigen Arbeitspreise für die Netznutzung, sondern mit HOURLY auch die günstigen Nachtpreise für die Energie abgreifen, und der unterbrechbare Zähler liefert die automatische Abschaltung in den teuren Stunden gleich mit.

  2. Auf der anderen Seite gibt es auch unabhängig von einer Schaltung durch den Netzbetreiber Unterschiede zwischen Tag- und Nachttarifen beim Netznutzungsentgelt. Dies ist in den folgenden Regionen der Fall (die Werte sind für 2018 gültig):

Netzentgelte Nachtstrom

  • In Tirol, Graz und der Steiermark gibt es (nicht ausschließlich) Haushalts-Stromzähler, die "Doppeltarifzähler" mit zwei Zählwerken sind, eins für nachts (22-6 Uhr, Niedertarif = NT) und eins für tags (6-22 Uhr, Hochtarif (HT)). Hier gibt es dann auch unterschiedliche Tarife für Tag und Nacht - und das ebenfalls für die "unterbrechbaren" Stromzähler für Elektroboiler, Wärmepumpe und Co.
  • In Vorarlberg gibt es ebenfalls entsprechende Haushalts-Stromzähler und -tarife, der unterbrechbare Tarif ist aber nicht variabel
  • In Salzburg ist nur der unterbrechbare Netztarif variabel, die für die normalen Haushaltszähler nicht

Ob Ihr Zähler zwei Zählwerke hat lässt sich anhand der Jahresabrechnung sehen. Wenn dort bei den Ablesedaten zwei Werte für eine Zeitperiode ausgewiesen werden (HT/NT), dann kann Ihr Zähler prinzipiell den Nacht- und den Tagverbrauch separat erfassen. Einen unterschiedlichen Netztarif für Tag und Nacht haben Sie aber nur, wenn Sie in eine der obigen Kategorien fallen (in einigen anderen Bundesländern gibt es ebenfalls noch Zähler mit zwei Zählwerken, aber die Netztarife sind für Tag und Nacht gleich). Dies lässt sich dann auch anhand der einzelnen Zeilen auf Ihrer Stromrechnung (unter Netzentgelte, in der Spalte Preis) überprüfen. D.h. also, selbst wenn Sie HOURLY noch nicht nutzen können, sollten Sie sich fragen, ob Ihr Netzbetreiber einen Nachtstromtarif anbietet. Falls ja, liegt die potenzielle Einsparung in der Nacht sicher über 1 ct/kWh (exkl. USt.).

Mit PV-Anlage genauer hinschauen

Die Verlagerung in die Nacht aufgrund von HOURLY oder der Netzentgelte ist in Verbindung mit einer PV-Anlage, die tendenziell eher tags Strom erzeugt (!) mit Vorsicht zu genießen. Wenn Solarertrag vorhanden ist, macht es oft mehr Sinn so viel Verbrauch wie möglich in die Mittagsstunden zu verschieben, damit insgesamt weniger Strom aus dem Netz bezogen wird und damit Netzentgelte (und Abgaben) gespart werden. In den Wintermonaten, wenn der Solarertrag geringer und der Vorteil der Nachtpreise (bei HOURLY) größer ist, muss man etwas genauer hinschauen was sich eher lohnt.