Marktpreis-Update Nov 2016

  • Simon Schmitz
  • market update

Wer sich in der letzten Zeit ein wenig mit der Strompreisentwicklung beschäftigt hat, hat vielleicht festgestellt, dass die Preise derzeit generell etwas “anziehen”. Dieser Artikel soll im Sinne der Transparenz und für ein besseres Verständnis über die aktuelle Marktsituation informieren.

Die derzeitige Preiserhöhung lässt sich nicht allein durch die sonst üblichen saisonalen Schwankungen erklären, die dazu führen, dass der Sommer immer etwas günstiger ausfällt. Sondern dies liegt am allgemein insbesondere seit Mitte September gestiegenen Preisniveau. Das sieht man an der Preisentwicklung über das Jahr 2016 (also an Handelstagen an der Börse im Jahr 2016) für Stromlieferungen für das ganze Jahr 2017.

Strompreis 2017

HOURLY und MONTHLY sind die Dynamiker unter unseren Tarifen, und ja, das heißt auch, dass sie bereits auf diese Preissteigerungen (sowie auch auf Preissenkungen) reagieren. Allerdings wird es nicht allzu lange dauern, bis andere Anbieter mit Preiserhöhungen nachziehen. Z.B. ist der österreichische Strompreisindex (ÖSPI), der die Grundlage für einige andere Floater-Tarife bildet, in diesem Monat zum ersten Mal seit 2012 gestiegen) ). Weil er jetzt erst anfängt, die hochpreisigen Handelsergebnisse zu berücksichtigen (und nicht mehr die niedrigen vom Frühjahr), wird er in den nächsten Monaten sicher weiter steigen.

ÖSPI 2016

Nun aber zur Gretchenfrage: woher kommt dieser relativ plötzliche Preisanstieg? Wie so oft sind mehrere Faktoren am Werk:

Faktor 1: Kohle

Seit Anfang des Jahres ist der internationale Kohlepreis stark gestiegen.

An dieser Stelle darf man ruhig fragen: wieso hat der Kohlepreis einen Einfluss auf den Strompreis von aWATTar? Liefert aWATTar etwa Kohlestrom? Nein, natürlich nicht! Wir erfüllen weiterhin alle Auflagen für die Stromkennzeichnung mit 100% Ökostrom, und zwar aus Österreich. Aber das heißt eben nicht, dass die Wertigkeit dieses Stroms (also die Preise, zu denen dieser Strom gekauft und verkauft wird) nicht doch von externen Faktoren wie Kohlepreisen abhängt. Leider laufen vor allem in Deutschland noch viele Kohlekraftwerke, und diese beeinflussen unweigerlich die Börsenpreise für die (noch, s.u.) gemeinsame Preiszone mit Österreich.

Als einer der Hauptgründe für den Preisanstieg wird eine Umstrukturierung in der chinesischen Kohleindustrie gesehen, die die Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter verbessern und die Umweltauflagen der Kohleförderung verschärfen soll. So wurden beispielsweise die Produktionstage in den Minen von 330 Tagen auf 276 Tage zurückgesetzt: die Arbeiter haben jetzt mehr Urlaub! Das verursacht einen entsprechenden Rückgang der Förderung und damit höhere Preise.

Wir gehen hier 2017 von einer leichten Erholung aus, weil die fehlenden Kapazitäten mit der Zeit anderswo aufgebaut werden können.

Faktor 2: Wind

Bisher gab es einen relativ windschwachen Herbst mit vielen Hochdruckgebieten. Auch hier wird die Entwicklung stark durch Deutschland, insbesondere die Windparks im Norden, bestimmt. Dies wirkt sich direkt auf die Preise aus, die Sie tagtäglich auf unserer Website und monatlich auf Ihrer Stromrechnung sehen. Aber es werden auch wieder stürmischere Zeiten kommen!

Faktor 3: Frankreich

Der durchaus größte preistreibende Faktor scheint aber die Situation in Frankreich zu sein. In Frankreich wird 70% des Stroms mit Atomkraft produziert. Mitte September wurde angekündigt, dass diesen Winter deutlich mehr dieser Kraftwerke als erwartet in Revision (also in Reparatur) gehen müssen, um deren Sicherheit gewährleisten zu können. Noch ist nicht klar, wann die Arbeiten abgeschlossen sein werden. Weil in Frankreich außerdem viel mit Strom geheizt wird, ist die Lage stark temperaturabhängig, und es gibt daher hohe Risikomargen an der Börse. Die fehlenden Kraftwerke in Frankreich bedeuten, dass erstens dort das Preisniveau steigt, und zweitens auch in Deutschland mehr Kapazitäten gebunden werden, um Strom nach Frankreich zu exportieren (quasi um den Franzosen warme Wohnungen zu garantieren), was auch das Niveau in der Preiszone DE/AT anhebt.

Und was ist mit der Diskussion um die “Preiszone”?

Wohlgemerkt haben alle diese Faktoren eher wenig mit der viel diskutierten Trennung der gemeinsamen Preiszone zwischen Österreich und Deutschland zu tun (die wohl nur noch sehr schwer zu verhindern ist). Eher im Gegenteil: bei einer Trennung der Preiszonen würden sich in Deutschland preistreibende Faktoren wie oben beschrieben weniger auf die Preise in Österreich auswirken als jetzt. Aber es ist eben so, dass die Preise ja generell aufgrund der hohen Einspeisung von Wind und Solar schon auf einem niedrigen Niveau sind, und dieser Effekt würde durch eine Trennung teilweise rückgängig gemacht. Dies ist aber erst für den Lieferzeitraum 2018 schlagend, hat also keine Auswirkung auf die jetzigen Preise oder die von 2017.

Fazit

  • Wir brauchen mehr erneuerbare Energie im System, damit Dinge wie chinesische Urlaubszeiten und französische Atomkraftwerke immer weniger unsere Preise beeinflussen - und dafür brauchen wir HOURLY-Kunden, die Ihren Verbrauch in die grünsten Stunden verschieben und so dafür sorgen, dass die Kosten der Variabilität von Solar- und Windstrom verkraftbar bleiben!
  • Wir bitten alle Kunden um etwas Geduld und eine langfristige Sichtweise besonders auf HOURLY und MONTHLY: diese Tarife sind eben nicht nur die ersten, die reagieren, wenn es mal nach oben geht, sondern auch die ersten, die reagieren, wenn es wieder nach unten geht.

Und zum Schluss noch ein positiver Gedanke speziell in Bezug auf unseren stündlichen Tarif HOURLY: dieser lohnt sich am ehesten für diejenigen, die mit Teilen Ihres Stromverbrauchs zeitlich flexibel sind. Und prinzipiell erhöht ein höheres Börsenpreisniveau (sobald es einmal in den Preisen aller Anbieter angekommen ist) sogar den Vorteil, der sich mit HOURLY realisieren lässt. Warum? Weil damit auch die Preisdifferenzen zwischen den einzelnen Stunden steigen, und man somit durch eine Verlagerung des Verbrauchs absolut (also in € pro Monat) mehr einspart.